Wie es eigentlich so aussieht unter Tage, fragen immer wieder Gäste auf Zollverein. Eine große Faszination geht von dieser Welt aus Schächten, Strecken und Streben aus, die nicht mehr zugänglich ist. „Also haben wir beschlossen, den Menschen eine kleine Reise in die Untertagewelt zu ermöglichen“, sagt Thorsten Seifert. Als Leiter der Standortvermittlung findet er immer neue Ansätze, Besucherinnen und Besuchern das UNESCO-Welterbe Zollverein näherzubringen. So wie in der Präsentation Untertagewelt, die ab sofort im Rahmen der Führung „Grubenlicht und Wetterzug“ im Bergebunkergebäude zu sehen ist.
Unglaubliche Dimensionen
Zum besseren Verständnis bekommen die Gäste zu Beginn erst einmal eine kleine Einführung. Strecke, Schacht, Flöz … Was ist das eigentlich alles? Die Welt des Bergbaus ist selbst für die Menschen aus der Region erklärungsbedürftig geworden. Kaum einer denkt bei „Alter Mann“ noch an die so bezeichneten stillgelegten Hohlräume, die zusammenbrachen, nachdem die Kohle abgebaut war. Für Thorsten Seifert und sein Team ein Grund mehr, die Geschichte näherzubringen. Zum Beispiel über die unglaublichen Dimensionen. Wie schnell fuhr ein Förderkorb nach unter Tage? Wie viele Menschen arbeiteten im Bergwerk? Und wie viel Steinkohle wurde auf Zollverein im Laufe der Jahre abgebaut. Kaum vorstellbar: 240 Millionen Tonnen!
Veranschaulichte Geschichte
Deutlich wird die Geschichte der Untertagewelt auf Zollverein auch anhand eines Zeitstrahls mit drei Ebenen. Die erste bildet technische Entwicklungen ab. Die zweite Ebene umfasst die sozialen Entwicklungen: den Bau der Arbeiterkolonien genauso wie die Einführung der 8-Stunden-Schicht. Die dritte Ebene zeigt historische Meilensteine, die Einfluss hatten auf die Arbeit unter Tage, wie die Eröffnung der Köln-Mindener-Eisenbahn, die März-Revolution, die Ausrufung der Republik. „Der Zeitstrahl beginnt mit dem ersten Schürfschein 1839 und endet mit der Schachtverfüllung in der Gegenwart“, erklärt Thorsten Seifert.
Das Leben der Menschen
Weiter geht es in den nächsten Raum. Eine Weltkarte zeigt Migrationsströme an. Aus Bayern und Niedersachsen kamen Menschen genauso nach Zollverein wie aus Frankreich, Portugal oder Südkorea. Und dann sind da zehn Stelen, die das Leben von zehn Menschen erzählen, die auf Zollverein unter Tage gearbeitet haben. „Vom Hauer bis zum Fahrsteiger ist alles dabei. Ein Sizilianer, der in den 1960er-Jahren hier gearbeitet und dann doch lieber eine Pizzeria eröffnet hat. Ein ukrainischer Zwangsarbeiter, der im Lager auf Zollverein untergebracht war. Der Sohn eines Bauern, der sich beruflich entwickeln wollte, weil sein erstgeborener Bruder den Hof der Eltern übernahm“, sagt Thorsten Seifert. Was könnte die Untertagewelt eindrücklicher mit Leben füllen als die Geschichten dieser Menschen?
Unter-Tage-Feeling
Gezähe gibt es in einem weiteren Raum zu bestaunen. Noch so ein Begriff, den viele nicht mehr kennen. Gemeint ist das Werkzeug, das eingesetzt wurde, um die Steinkohle abzubauen. Hämmer, Sägen, Helme, Grubenlampen. „Eine kleine Schatzkammer“, schwärmt Thorsten Seifert. „Jeder Gegenstand erzählt eine Geschichte.“ Für das richtige Unter-Tage-Feeling schließlich werden in zwei Räumen auf großer Leinwand bzw. auf Monitoren Filme gezeigt, die zum Beispiel eine untertägige Zugfahrt oder den Abbau der Kohle mit riesigen Hobeln begleiten. Das Videomaterial stammt von Kameramann Jochen Balke, der auch geholfen hat, beeindruckende Szenen auszuwählen. Die Ausstellung endet schließlich mit großformatigen Fotos der Stilllegung Zollvereins und damit auch der Untertagewelt – die Thorsten Seifert und sein Team immer aufs Neue zum Leben erwecken.
Die Präsentation kann täglich ausschließlich im Rahmen der Führung „Grubenlicht und Wetterzug“ besucht werden.