Als Mitte August der Arschbomben-Contest im Werksschwimmbad unzählige Besucher auf das Gelände der Kokerei Zollverein lockt, sind die Mitglieder der deutschen Splashdiving – Nationalmannschaft und ihr Trainer Oliver Schill die ersten, die eine Nacht im neuen Hotel auf dem Welterbe-Areal verbringen. Beim gemeinsamen Frühstück an der langen Holztafel loben sie das Gebäude und das Team. „Wir haben uns sehr willkommen gefühlt, wie bei Freunden“, sind sich die Wassersportler einig und bringen damit unbewusst genau das auf den Punkt, was sich Geschäftsführer Haakon Herbst und seine Frau Irene Bakker für ihr Haus wünschen.
Wohnzimmeratmosphäre
Der Hotelneubau entstand seit Jahresbeginn in Rekordzeit zwischen der Gründerschachtanlage 1/2/8 und dem Campus der Folkwang Universität der Künste. So sind 67 individuelle Zimmer und Suiten, Bistro, Lounge und Konferenzbereiche entstanden und wurden mit viel Liebe zum Detail eingerichtet. Für die #hotelfriends-Betreibergruppe ist das Haus eine Reminiszenz an die Bergbauvergangenheit, eine Würdigung des Standorts und nicht zuletzt auch eine Liebeserklärung an das Ruhrgebiet. Wer das Gebäude von der Martin-Kremmer-Straße aus betritt, kann den Blick durch das Erdgeschoss schweifen lassen. Zur Rechten liegt die Rezeption, die sogenannte Bereitschaftsstelle. „Gegenüber vom Empfang steht unser Gute-Laune-Tisch“, sagt Irene Bakker und zeigt auf einen gigantischen Holztisch vor einer bodentiefen Fensterfront: „Hier dürfen nur Leute mit guter Laune Platz nehmen. Außerdem bieten wir Co-Eating für Alleinreisende an, die dort mit anderen Hotelgästen Gespräche führen können.“ Der Raum wirkt trotz seiner Größe behaglich. Zwischen Kamin, Empfangsbereich, stylischen Sitzmöbeln und Bar kommt Wohnzimmeratmosphäre auf. Der edle Holzboden, individuelle Möbelstücke und ausgefallene Lampen weisen das Haus deutlich erkennbar als Designhotel aus. Die Atmosphäre ist locker. Wie bei Freunden eben.
Den Kumpel ehren
Der Hotel-Rundgang führt ins Obergeschoss und zu den Kumpel-Zimmern. Die erste Etage ist dem Bergbau gewidmet. Der Flur ist komplett in Schwarz gehalten und auch die Bäder überraschen mit schwarzen Fliesen und schwarzer Keramik. In den Zimmern wie auch im Flur, den Haakon Herbst gerne als Galerie bezeichnet, finden sich großformatige Bilder aus der Kumpel-Reihe des Fotografen Michael Bader. Mit Genehmigung der RAG fotografierte Bader zwei Jahre lang Bergleute in den Zechen Auguste Victoria und Pluto sowie in den Bergwerken Prosper-Haniel und Anthrazit Ibbenbüren. Die großformatigen Porträts machen jedes Zimmer unverwechselbar. Persönliche Utensilien der einzelnen Zimmerpaten wie eine Schnupftabakdose oder der Gesellenbrief sorgen neben der Grubenlampe für Atmosphäre. In der zweiten Etage erwartet den Besucher ein Flur in Schwarz-Weiß-Optik: Die untere Hälfte der Wände ist schwarz, die obere weiß. Das Stockwerk ist dem Thema Design gewidmet. Auf dieser Etage werden Kleidungsstücke ausgestellt, die das Gladbecker Modelabel „Grubenhelden“ Anfang des Jahres auf der Fashion Week in New York gezeigt hat. Zum Konzept der Grubenhelden, die seit 2018 auch mit einem kleinen Ladenlokal in Halle 12 auf dem Welterbe zu finden sind, gehört Schwarz-Weiß-Mode mit Kumpel-Vergangenheit: Jedes Kleidungsstück zitiert ein Stück Bergmannsalltag – mal im Grubenhemdstoff, mal als Applikation. Die Jacken, Röcke und Kapuzenpullis aus dem Grubenhelden-Sortiment gehören übrigens auch zur Arbeitskleidung der #hotelfriends-Mitarbeiter. Wenn es darum geht, ein stimmiges Bild zu kreieren, überlassen Haakon Herbst und Irene Bakker nichts dem Zufall.
Individuelles Design
In Etage drei angekommen, empfängt den Gast ein weißer Flur. Der Weg aus dem Schacht nach oben ans Licht ist vollbracht. Die Zimmer und Suiten in diesem Stockwerk sind ganz individuell eingerichtet. Partner wie Schacht One, die Stiftung Zollverein oder das Ruhr Museum haben Patenschaften für die „Zukunftszimmer“ übernommen. Auf dem UNESCO-Welterbe ansässige Unternehmen wie der Design-Badausstatter Vallone oder das Designmöbelgeschäft Möbelloft nutzen zudem einige Zimmer als Ausstellungsräume, in denen sie ihre Produkte praktisch erfahrbar machen. Wer möchte, kann in einer 100-Quadratmeter-Suite den Rundumblick auf das Welterbe und die umliegenden Gebäude genießen– XXL-Duschen inklusive. Zusätzlich zur Gestaltung eines Partnerzimmers liefert das Möbelloft Sessel, Lampen, Tische und Raumtrenner für unterschiedlichste Hotelbereiche. „Wir haben zum Beispiel einen drei mal drei Meter großen Konferenztisch mit technischen Finessen in Betonoptik für die Ideenschmiede gebaut“, berichtet Verkaufsleiter Marc Stender und ergänzt: „Ich spreche bewusst von Betonoptik. Wäre der Tisch massiv aus Beton, hätten wir ein Problem mit der Statik.“ Eine andere Spezialität des Möbellofts sind außergewöhnliche Stahlverkleidungen. „Für besondere Zimmer haben wir mit dem Laser Textzeilen aus einem Song von Herbert Grönemeyer oder auch das Steigerlied aus der Stahlfläche herausgearbeitet. Eine indirekte Beleuchtung von hinten sorgt für besondere Effekte“, verrät Stender. Neben einem schwarzen Konferenztisch in Grubenoptik sind vor allem die Sitzmöbel praktische Design-Klassiker in den KumpelZimmern. Es handelt sich dabei um zwei Lederarmlehnstühle, die vis-a-vis montiert und mit einem Holztisch in der Mitte verbunden sind. Irene Bakker und Haakon Herbst haben sie auf einer Reise in New York entdeckt.
Schacht-Konzept geht auf
„Wir haben das Konzept des Hotels sofort verstanden“, erklärt Oliver Schill nach der ersten Nacht. Für den Trainer und sein Splashdiving-Team ist es der erste Besuch auf dem Welterbe Zollverein. „Die Schachtatmosphäre ist einfach wunderbar. Als ich abends unter der Dusche stand, konnte ich mir vorstellen, ich hätte einen ganzen Tag lang unter Tage gearbeitet“, schwärmt der weitgereiste Oberfranke und bezeichnet die Gestaltung als eines der gelungensten Hotel-Konzepte weltweit. Die Mitglieder der Splashdiving-Nationalmannschaft stimmen dem Teamgründer zu und loben vor allem die Bäder: „Die Regenwasserdusche ist der Wahnsinn!“ Die Sitzgelegenheit in der Dusche und das Glaselement, das von dort einen Blick ins Zimmer freigibt, kommen bei den Splashdivern ganz besonders gut an. „Ich war schon bei der ersten Besichtigung des Hotels verliebt. Hier muss man sich einfach wohlfühlen“, so das Fazit von Oliver Schill.
Text: Heike Reinhold