Mehr als 540 Farn- und Blühpflanzenarten haben sich auf Zollverein ausgebreitet, viele davon wachsen heute zwischen den stillgelegten Gleisen. Ein Blick auf ihre Herkunft zeigt, dass sie aus den unterschiedlichsten Ländern stammen. In unmittelbarer Nähe der Goldrute aus Nordamerika wachsen der Schmetterlingsflieder aus Asien und das Schmalblättrige Greiskraut aus Südafrika. Auch der Orientalische Rauling aus der Türkei, das Kleinblütige Knopfkraut aus Kolumbien und die Pracht-Königskerze aus dem Mittelmeerraum sprießen auf den Flächen neben der Kohlenwäsche. Doch wie haben diese Pflanzen ihren Weg ins Ruhrgebiet gefunden?
Häufig gelangten ihre Samen ganz versehentlich nach Zollverein. Sie klebten zum Beispiel an Waren, die mit dem Schiff oder mit der Bahn transportiert wurden. Andere hafteten unter Schuhsohlen, an Kleidungsstücken und in Koffern und wurden so aus ihren Heimatländern über viele Kilometer Richtung Ruhrgebiet getragen. „Neophyten“ werden die fremdländischen Arten genannt, die immer noch häufigan Bahnstrecken und entlang von Autobahnen vorkommen. Manche Arten wurden dagegen ganz gezielt als Zier- oder Gemüsepflanzen von Reisenden mitgebracht und in Gärten und Parks als Attraktionen wieder in den Boden gesetzt.
Es dauerte nicht lang, bis sich die ersten Neophyten über die Gartenzäune und Parkmauern hinweg in die freie Natur ausbreiteten. Unter ihnen befanden sich Pflanzen wie der Riesen-Bärenklau oder der Japanische Staudenknöterich, die heute als invasive Arten und ‚Problempflanzen‘ gelten, da sie durch ihr rasantes Wachstum viele heimische Pflanzen verdrängen. Auf Zollverein treffen die exotischen Arten auf Alteingesessene: Der Dreifinger-Steinbrech, die Weiße und Rote Lichtnelke und verschiedene Seggen-Arten gehören beispielsweise zu den Arten, die schon lange in Essen zuhause sind.
Auch einige Tiere, die das Industriegelände zu ihrer Heimat erkoren haben, kommen ursprünglich von weit her – unter ihnen die Nilgans. Wie schon ihr Name verrät, stammt die Art ursprünglich aus Afrika. Bereits im 18. Jahrhundert wurde der Vogel nach Westeuropa gebracht und in zoologischen Gärten gehalten. Als einige der Tiere aus einem niederländischen Zoo in die freie Natur entkommen konnten, bildeten sich schon kurz darauf große Populationen und die Nilgans breitete sich rasch über die Grenzen hinweg aus.