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Über Zollverein
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Vielfältige Industrienatur

Ein Spaziergang übers Welterbe

Heimat vieler Tiere

Zollverein bietet einer beeindruckenden Vielfalt an Pflanzen und Tieren ein Zuhause. Ein Spaziergang übers Welterbe.

Es ist ein heißer Sommertag. Der Himmel ist wolkenlos blau. „Hier auf dem Welterbe heizen sich an solchen Tagen manche Flächen bis zu 60 Grad auf“, erklärt Anna Ehlert, Referentin für Nachhaltigkeits-­ und Umweltmanagement der Stiftung Zollverein. „Zudem sind die Böden durch Schlacke, Kohle­ und Bergeschlamm eher karg und nährstoffarm.“ Und dennoch grünt und blüht es üppig links und rechts der stillgelegten Gleise. Mehr als 540 Farn­ und Blühpflanzen haben sich seit der Stilllegung auf dem Areal ausgebreitet. Ein spannender Mix aus alteingesessenen Arten wie Lichtnelken und Dreifinger ­Steinbrech mit Neophyten. So nennt man Pflanzen, die sich in Gebieten ansiedeln, in denen sie natürlicherweise nicht vorkommen.

Anna Ehlert, Referentin für Nachhaltigkeits- und Umweltmanagement der Stiftung Zollverein

Pflanzen aus aller Welt
Der Schmetterlingsflieder aus China zum Beispiel, der mit seinen lilafarbenen Dolden als charakteristisch für Industriebrachen gilt, die gelbblühende Goldrute aus Kanada, das Schmalblättrige Greiskraut aus Südafrika – sie alle gelangten als Neophyten nach Zollverein. Ihre Samen klebten an Waren und Waggons, hafteten unter den Schuhen von Geschäftsreisenden, an Kleidungsstücken und Koffern. Andere Arten wurden in der Nachbarschaft als Zierpflanzen in die Gärten gesetzt und verteilten sich über den Gartenzaun, wie der Riesen-­Bärenklau, der durch seine weißen Blütendolden ins Auge sticht und ursprünglich aus dem Kaukasus stammt. „Viele der Pflanzen stammen aus warmen Ländern, einige sind richtige Überlebenskünstler“, sagt Anna Ehlert. „Der Kompass­-Lattich zum Beispiel, der seine senkrecht stehenden Blätter in Nord­-Süd­-Richtung ausrichtet, um der Mittagssonne wenig Fläche auszusetzen. Aber auch heimische Arten haben kluge Strategien entwickelt. So verfügen Natternköpfe etwa über borstige Härchen, die vor Sonneneinstrahlung und Verdunstung schützen.“ Dadurch sind diese Pflanzen besonders gut an die steigenden Temperaturen angepasst, die der Klimawandel mit sich bringt. Während Anna Ehlert an den Gleisen entlangläuft , deutet sie mal hierhin, mal dorthin. Erklärt etwas zu den ätherischen Ölen, die aus den Samen der Nachtkerzen gewonnen werden, und zu den Blüten des Johanniskrauts, die den rötlichen Farbstoff Hypericin („Johannisblut“) in sich tragen und unweit des Färbergartens blühen.

Begleiten und behüten
Was vielleicht wirken mag wie reiner Wildwuchs, ist auf dem UNESCO­Welterbe das Ergebnis eines durchdachten Grünpfl ege­Konzepts nach dem Leitbild „begleiten und behüten“. Natürlich wird eingegriff en, wo nötig. Wenn die Verkehrssicherheit gefährdet würde, zum Beispiel. Oder wenn besonders invasive Neophyten wie der Japanische Staudenknöterich die Biodiversität in Gefahr bringen, weil sie andere Pfl anzen massiv verdrängen und überwachsen. Auch die Brombeere muss, obwohl eine heimische Art, im Auge behalten werden, da sie sonst droht, alles zu überwuchern. Eine Brombeerart gibt es übrigens nur auf Zollverein: die Rubus zollvereinensis.

Auch zahlreiche Bienenarten haben heute dort ihre Heimat gefunden, wo die Industrie einst kaum Lebensraum bot.

Heimat vieler Tiere
Eine besonders sanft e Art der Grünpflege wird auf dem Welterbe seit Juli getestet: zwölf Schafe. „Sie fressen gemächlich und lassen deshalb anders als Mähmaschinen den Insekten Zeit zu flüchten“, berichtet Anna Ehlert. „Und sie bringen ihren eigenen Dünger mit.“ Dabei sind sie nicht die einzigen Tiere auf dem Welterbe. Das wird spätestens an einem großen Biotop deutlich, das durch einen Zaun vor menschlichen Eindringlingen geschützt ist und als Ersatzhabitat für Baumaßnahmen auf dem Gelände angelegt wurde. Hier schwimmen Nilgänse auf dem Wasser, die im 18. Jahrhundert zunächst als Zootiere nach Europa kamen und — nachdem einzelne Exemplare ausgebüxt waren — wilde Populationen bildeten. Heute sind Nilgänse an vielen Orten beheimatet, sagt Zollvereins Nachhaltigkeitsexpertin, während ein Graureiher sich in die Lüfte erhebt. „Es gibt sechs Amphibienarten auf dem Welterbe“, weiß sie zu berichten. „Berg­ und Teichmolche, Kreuz- und Erdkröten, Gras­ und Teichfrösche.“ Sie überwintern auf den Halden im Totholz, das zum Schutz der Tiere bewusst liegengelassen wird. „Außerdem gibt es 43 Nacht­ und 23 Tagfalterarten, darunter gut bekannte wie der Admiral, der sogar die Alpen überquert, um auf Zollverein den Winter zu verbringen.“ Überhaupt Insekten: Große und kleine Libellenarten surren über das Wasser, Heuschrecken hüpfen über den fast schwarzen, steinigen Boden. Natternkopf­-Mauerbienen, die, wie der Name schon sagt, auf Natternköpfe als Futterblumen spezialisiert sind, sirren durch die Luft .

Durch den Industriewald
Weiter geht es Richtung Halde, wo schnellwachsende Arten wie Birken, Salweiden und Erlen einen lichten Industriewald bilden. Im Herbst kann man hier noch wunderbar Vögel beobachten, Spechte etwa oder die zechentypischen Hausrotschwänze, die auf Zollverein brüten und im Norden Afrikas überwintern. „Säugetiere finden sich auf dem Welterbe weniger“, sagt Anna Ehlert. „Marder und Mäuse. Kaninchen. Und gerade im Winter, wenn es früh dunkel wird, sieht man auch schon mal einen Fuchs über das Gelände schleichen.“ An einer weiteren Wasserfläche, die die Stiftung Zollverein gemeinsam mit dem NABU Ruhr mit Teichfolie ausgekleidet hat, um sie vor Versickerung zu schützen, geht es vorbei und bis zur Kokerei. Auf den weiten Flächen zwischen den Gebäuden ist die Vegetation niedrig gehalten. Das ist eine Auflage des Denkmalschutzes. Genau wie auf dem Ehrenhof der Zeche soll die Vegetation den originalen Eindruck der Architektur an diesen Stellen nicht beeinträchtigen.

Es summt und brummt
Da muss man eben Kompromisse finden: Wie die eigens angelegte riesige Wildblumenwiese zwischen den Kokereigebäuden. Auch hier summt und brummt es. Eine große Sandfläche, ein sogenanntes Sandarium, ist gleich daneben angelegt worden. Als Nisthilfe unter anderem für Wildbienen. Auch im eigenen Garten kann ein Sandarium hilfreich sein, solange es genug Blühpflanzen gibt, die den Insekten Nahrung bieten. „Und da oben“, sagt Ehlert und deutet auf ein Loch in einer Gebäudewand, in dem gerade eine Taube hockt, „da haben in diesem Jahr wieder Turmfalken genistet.“ Ein Paar Wanderfalken kehrt schon seit einigen Jahren immer wieder aufs Welterbe zurück, um zu nisten. „Vier Junge hatten sie dieses Jahr“, sagt Anna Ehlert und pflückt mir einen Marienkäfer aus dem Haar, ehe wir uns auf den Rückweg machen, über das Areal Zollverein, das so vielen Tieren und Pflanzen ein Zuhause bietet.

Natur & Aktiv

Zollverein für Naturliebhaber

Grüne Vielfalt auf dem Welterbe