Ihre Fotos erzählen vom echten Leben im Ruhrgebiet: Da ist der Wagemutige auf dem rostroten Stahlpfeiler am Rhein-Herne-Kanal, der lässig in die Fluten blickt, da ist der Bub, der sehnsüchtig auf seine gemischte Tüte von der Bude wartet, da ist die türkische Frau mit dem Kleinkind auf den Schultern, die stolz ihren Garten zeigt. Nun hat das Ruhr Museum zusammen mit der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung das fotografische Lebenswerk der Herner Fotografin Brigitte Kraemer erworben. 360.000 Fotos, Dias, Negative und digitale Dateien gehen in den kommenden Jahren in den Besitz des Museums über – und sollen voraussichtlich 2025 in einer großen Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert werden. „Es ist der größte und bedeutendste Ankauf einer Fotosammlung für unser Museum“, zeigt sich auch Prof. Heinrich Theodor Grütter, Direktor des Ruhr Museums, begeistert.
Die Sammlung ist mit dann fast viereinhalb Millionen Bildeinheiten eine der größten fotografischen Sammlungen von Dokumentarfotografie in Deutschland.
Vielfach ausgezeichnet
„Ich habe mich seit Mitte der 1980er Jahre mit den Themen des Alltags vor meiner Haustür fotografisch auseinandergesetzt“, so Brigitte Kraemer. „Ein besonderer Schwerpunkt dabei ist der Blick auf soziale Themen und die Beobachtung der kulturellen Vielfalt im Ruhrgebiet.“ Kraemer legt bei ihren Aufnahmen viel Wert darauf, die ungestellte Wirklichkeit zu zeigen. Sie ist immer mitten im Geschehen, Teil der Welt, die sie zeigen will. Ihre Fotos sind deshalb vereinzelt verwackelt, aber immer authentisch. So wurde die 68 Jahre alte Kraemer zu einer der bekanntesten Ruhrgebietsfotografinnen und -fotografen der letzten Jahrzehnte.
Kraemer wurde 1954 in Hamm geboren. Sie studierte an der Folkwangschule für Gestaltung in Essen Visuelle Kommunikation. Seit 1982 ist sie als freie Fotografin im Ruhrgebiet tätig. Viele ihrer Arbeiten wurden ausgezeichnet. Zu ihren bekanntesten Bildbänden gehören „Am Kanal“, „Mann und Auto“, „Die Bude“, „Die Camper“, „Ein Stück Heimat“ und der für das Kulturhauptstadtjahr erschienene Bildband „Im guten Glauben“, der die Vielfältigkeit religiöser Gemeinschaften im Ruhrgebiet zeigt. 1997 hatte sie für kurze Zeit einen Lehrauftrag an der Folkwangschule inne. Momentan fotografiert sie das Leben an der Ruhr.