In der Trichterebene der Mischanlage auf der Kokerei Zollverein sagte sie vor geladenen Gästen und zahlreichen Pressevertretern: „Jedes Porträt hier ist eine Mahnung an uns, für Menschlichkeit einzutreten, eine Mahnung, im Alltag eben nicht zu schweigen und wegzuschauen, wenn jemand angegriffen, gedemütigt und in seiner Würde verletzt wird.“ Merkel sprach in Anwesenheit des Holocaust-Überlebenden Naftali Fürst, der einer der 75 Überlebenden ist, die von dem Fotografen Martin Schoeller portraitiert wurden. Beim späteren gemeinsamen Gang durch die Ausstellung sprach Merkel mit Fürst unter vier Augen. Der heute 88-Jährige zeigte ein Zeitungsbild, auf dem er als Zwölfjähriger im Konzentrationslager Buchenwald zu sehen ist – kurz nach dessen Befreiung.
In Ihrer Rede sagte Merkel an Fürst gewandt, sie empfinde tiefe Scham angesichts des Leids, das ihm „und so vielen anderen Menschen durch den von Deutschland begangenen Holocaust zugefügt wurde. Sechs Millionen Juden – Frauen, Männer, Kinder – wurden gedemütigt, ausgegrenzt, systematisch verfolgt und ermordet.“ Die Shoa habe mit der Zivilisation und mit sämtlichen menschlichen Werten gebrochen.
Die Menschenwürde zu achten und zu schützen – das sei die vornehmste Pflicht des Staates und unser aller Verantwortung. Es gebe Gründe, so die Kanzlerin weiter, „diese Verantwortung […] wieder deutlich ins Gedächtnis zu rufen; und zwar wahrlich nicht erst seit dem Anschlag in Halle. Wir erleben Rassismus und Antisemitismus, Hass und Gewalt in unserem Land. Rassismus und Antisemitismus sind nicht nur ein widerwärtiger Angriff auf einzelne Bürger, sondern eben auch ein Angriff auf die grundlegenden Werte, die unsere Gesellschaft tragen und die unsere Gesellschaft zusammenhalten.“
Schließlich betonte Merke die engen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland und hob die Zusammenarbeit in der Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur hervor – sowie die freundschaftlichen Bande zwischen vielen Israelis und vielen Deutschen.