In ihrer Begründung benannte die UNESCO zwei zentrale Kriterien für die Entscheidung: „Der Industriekomplex Zeche Zollverein in Essen ist ein bemerkenswertes Industriedenkmal, weil seine Gebäude herausragende Beispiele für die Anwendung der Gestaltungskonzepte der Bauhaus-Architektur in einem industriellen Gesamtzusammenhang sind. Die technischen und sonstigen Strukturen auf Zollverein XII dokumentieren eine entscheidende Phase der traditionellen Schwerindustrie Europas, in der architektonische Konzepte von außergewöhnlicher Qualität einfühlsam und sicher eingesetzt wurden.“
Durchgestaltet bis in die Details der Lampen, Treppengeländer und Türgriffe ist der komplett erhaltene Komplex von Zeche und Kokerei Zollverein ein Gesamtkunstwerk und repräsentiert exemplarisch die soziale, ökonomische, ästhetische und industrielle Geschichte des Kohle- und Stahlzeitalters.
Noch heute besticht die symmetrische Anordnung der Gebäude auf zwei Blickachsen. Die 20 Einzelgebäude bilden die technischen Arbeits- und Produktionsabläufe der Kohleförderung ab, und zwar nach der Bauhaus-Maxime, dass sich die Form an der Funktion orientieren soll. Dieses auf dem Effizienzgedanken „form follows function“ fußende funktionale Prinzip verbindet Zollverein mit den zukunftsweisenden Visionen der Bauhauszeit in den 1920er-Jahren, die auch im Ruhrgebiet, dem industriellen Westen, zum Nährboden für die Moderne wurden.
Die neusachliche Stahlfachwerkarchitektur auf der 1932 in Betrieb genommenen Schachtanlage XII der Zeche Zollverein und auf der in den 1950er-Jahren in der gleichen Formensprache errichten Kokerei Zollverein stellt insofern eine eigenständige Variante des Bauhaus-Gedankens dar. Sie ist Ausdruck der engen Verbindung von Industriedesign und Architektur, beeinflusste die Industriearchitektur nachfolgender Generationen und brachte Zollverein schon zu Betriebszeiten den Ruf als „schönste Zeche der Welt“ ein.
Erhalten, betreiben, entwickeln
Die Gebäude und Anlagen auf dem 100 Hektar großen Gelände werden von der Stiftung Zollverein erhalten, betrieben und zu einem Zukunftsstandort entwickelt. Dieser satzungsgemäße Auftrag ist eine Herausforderung, denn Zollverein ist ein Welterbe, das für kulturelle Transformation steht und nicht nur auf die Vergangenheit verweist.
In der Praxis erweist sich dieser Auftrag als äußerst komplex: Unterhalt und Betrieb, kulturelle Bespielung und Standortvermittlung, denkmalgerechter Erhalt sowie Sanierung und bauliche Entwicklung des Welterbes Zollverein müssen miteinander in Einklang gebracht werden.
Internationale Kooperationen
Das UNESCO-Welterbe Zollverein und 33 anderen europäische Welterbestätten präsentieren sich online gemeinsam unter dem Titel „World Heritage Journeys“. Das Projekt von UNESCO, Europäischer Union und National Geographic erzählt die Geschichte von Europas herausragendem kulturellen Erbe und stellt die Welterbestätten als Ziele für Touristen aus der ganzen Welt vor.